Der „Adhäsionsvergleich“ und der „Täter-Opfer-Ausgleich“

Die Durchführung eines „Täter-Opfer-Ausgleichs“ gemäß § 46a Nr. 1 StGB führt zu einer Strafmilderungsmöglichkeit gem. § 49 Abs. 1 StGB, d.h. das Gericht kann zugunsten des Angeklagten eine Strafrahmenverschiebung vornehmen. Einen „Adhäsionsvergleich“ nimmt das Gericht gem. § 405 StPO auf Antrag in das Protokoll auf. Bei der Formulierung eines solchen Vergleichs ist im Hinblick auf einen möglichen „Täter-Opfer-Ausgleich“ Sorgfalt geboten!

In einem unlängst vom 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH, 21.05.2019, 1 StR 178/19) entschiedenen Fall hatten sich der Angeklagte und die Geschädigte, die an der Hauptverhandlung als Neben- und Adhäsionsklägerin teilgenommen hatte, auf einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 5.000 Euro geeinigt. In dem gerichtlich protokollierten Vergleich hieß es, man sei sich „einig, dass der Abschluss dieses Vergleichs als bereits vollzogener Täter-Opfer-Ausgleich gewertet werden soll“. Die Aufnahme eines weiteren Zusatzes in den Vergleich, wonach durch ihn „eine Befriedung zwischen den Parteien eingetreten“ sei, hatte die Nebenklägerin abgelehnt. Im Hinblick auf diese Ablehnung hielt das Landgericht Landshut die Voraussetzungen des vertypten Strafmilderungsgrundes nach § 46a Nr. 1 StGB für nicht gegeben: Da die Nebenklägerin den Vergleich nicht als „wirklich“ friedensstiftend akzeptiert habe, fehle es an einem kommunikativen Prozess. Der BGH sah das anders: bereits die Wiedergabe der gesetzlichen Bezeichnung des § 46a Nr. 1 StGB dokumentiere eine „Befriedung“ zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin, ohne dass es auf „die Nichtaufnahme eines entbehrlichen Zusatzes“ ankomme.

Schmerzensgeld: friedensstiftender Ausgleich oder Tropfen auf den heißen Stein?

Fazit: Verteidiger sollten eindeutige Formulierungen in ihr Standardrepertoire aufnehmen, vielleicht sogar diejenige aus dem o.g. BGH-Fall. Als Adhäsionsklagevertreter muss man sich klar machen: ein bisschen schwanger geht nicht, ein bisschen Täter-Opfer-Ausgleich auch nicht. Wenn man sich in einem Adhäsionsvergleich ausdrücklich zu einem Täter-Opfer-Ausgleich bekennt, ist das Gericht gehalten, dies bei der Wahl des Strafrahmens ernst zu nehmen. Als Gericht ist man nicht zuletzt im eigenen Interesse gut beraten, erforderlichenfalls nachzufragen und für die nötige Klarheit zu sorgen.

Ein Gedanke zu „Der „Adhäsionsvergleich“ und der „Täter-Opfer-Ausgleich“

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