„Wenn das Mandat beendet ist, wird der Anwalt zum Problem!“

Mit diesem Satz und einem Augenzwinkern antwortete ein Freund von mir, seines Zeichens Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg, vor einiger Zeit auf die Frage nach der Zahlungsmoral seiner (Arbeitgeber-)Mandanten. Ich wusste sofort, was er meinte, schließlich war ich selbst fast 5 Jahre als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht tätig gewesen, bevor ich mich für den Richterberuf entschied. Wenn es ums Bezahlen geht, machen sich meiner Erfahrung nach nicht selten gerade diejenigen Mandanten rar, die zuvor einen besonders hohen Beratungs- und Betreuungsbedarf hatten – und zwar unabhängig von ihren finanziellen Verhältnissen und ihrer gesellschaftlichen Stellung.

Den mit der Betreibung seines Honorars verbundenen Unannehmlichkeiten kann der Rechtsanwalt ein Stück weit entgegenwirken, indem er von der in § 9 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, für die entstandenen und die voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen einen angemessenen Vorschuss zu fordern. Für die „Zivilisten“ ist das eine relativ einfache Sache.

Für den gerichtliche bestellten (Pflicht-)Verteidiger ist die Lage komplizierter. Für ihn gilt die Einschränkung, dass er nur von der Staatskasse einen Vorschuss verlangen kann und diesen wiederum auch nur für die bereits entstandenen Gebühren und die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslagen, nicht aber für voraussichtlich entstehende Gebühren (§ 47 Abs. 1. S. 1 RVG). Hinzu kommt, dass die Gebühren für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt nach Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (VV RVG) ohnehin nur 80% der sog. Mittelgebühr eines Wahlanwalts betragen.

Von seinem Mandanten darf der gerichtlich bestellte Verteidiger hingegen überhaupt keinen Vorschuss verlangen (§ 52 Abs. 1 S. 1 RVG) und – logischerweise – seine Tätigkeit auch nicht von einer Vorschusszahlung abhängig machen (Kroiß in Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 7. Auflage 2018, § 52 RVG Rn. 3).

Der gerichtlich bestellte Verteidiger ist allerdings nicht gehindert, mit seinem Mandanten eine freiwillige Vergütungsvereinbarung zu treffen, denn § 3a Abs. 3 RVG gilt nur die die Prozesskostenhilfe, nicht für die Pflichtverteidigerbestellung. Die Voraussetzungen für den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung regelt § 3a Abs. 1 RVG wie folgt: „Eine Vereinbarung über die Vergütung bedarf der Textform. Sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Sie hat einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss.“ Diese formellen Voraussetzungen einzuhalten, bereitet in der Praxis kaum Probleme.

Schwieriger wird es beim Thema „Freiwilligkeit“ der Vergütungsvereinbarung. Insoweit gilt (BGH, 13.12.2018, IX ZR 216/17, AnwBl 2019, 167): „Da er kraft seiner Bestellung zur Übernahme der Verteidigung verpflichtet ist, darf der Pflichtverteidiger die Übernahme der Tätigkeit weder ausdrücklich noch mehr oder weniger verschleiert von dem Versprechen einer die gesetzlichen Gebühren übersteigenden Vergütung abhängig machen. Nur völlig freiwillige Angebote sind dem Pflichtverteidiger erlaubt (vgl. Dahs, Handbuch des Strafverteidigers, 8. Aufl., Rn. 1199). So kann es einen wichtigen Grund für die Rücknahme der Pflichtverteidigerbestellung darstellen, wenn der bestellte Anwalt auf den Abschluss einer die gesetzlichen Gebühren deutlich übersteigenden Honorarvereinbarung drängt und dabei zum Ausdruck bringt, ohne den Abschluss der Vereinbarung sei seine Motivation, für den Beschuldigten tätig zu werden, gemindert.“ Um die Freiwilligkeit zu gewährleisten, verlangt der BGH: „Ein zum Pflichtverteidiger bestellter Anwalt muss vor Abschluss einer Vergütungsvereinbarung einen eindeutigen Hinweis darauf erteilen, dass der Pflichtverteidiger auch ohne den Abschluss der Honorarvereinbarung zu weiterer Verteidigung verpflichtet ist (§§ 48, 49 BRAO). Unterlässt er einen solchen Hinweis, handelt er pflichtwidrig.“ Eine solche Pflichtwidrigkeit macht die Vergütungsvereinbarung laut Bundesgerichtshof zwar nicht unwirksam, begründet jedoch einen Schadensersatzanspruch des Mandanten aus § 280 Abs. 1 BGB und kann im Ergebnis dazu führen, dass der Verteidiger verpflichtet ist, bereits vereinnahmte Honorare, soweit sie die nach dem RVG geschuldeten Gebühren übersteigen, an den Mandanten zurückzuzahlen!

Ich finde es schon einigermaßen bemerkenswert, dass ein Rechtsanwalt – nach § 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung immerhin ein „Organ der Rechtspflege“ – gehalten sein soll, seinen Mandanten ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er sich an seine gesetzlichen Pflichten halten wird. Wie dem auch sei, wir lernen daraus: mit Hilfe des Bundesgerichtshofs kann auch der Mandant zum Problem werden, wenn das Mandat beendet ist!