Nachdem ich kürzlich darüber berichtet habe, was Berufseinsteiger als Richterinnen und Richter bzw. Staatsanwältinnen und Staatsanwälte verdienen, will ich mich heute mit den Verdienstmöglichkeiten für Berufseinsteiger im Anwaltsberuf beschäftigen. Verdienen junge Volljuristen als Rechtsanwälte mehr als im Staatsdienst? Und wenn ja – wie groß ist der Unterschied?
Wenn man sich mit den Verdienstmöglichkeiten von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten befasst, werden zwei Dinge schnell klar. Erstens ist die Datenlage weitaus unsicherer als bei der Richterbesoldung, die sich unschwer anhand der einschlägigen Besoldungstabellen ermitteln lässt. Und zweitens sind die Unterschiede zwischen den Gehältern in kleinen Kanzleien und in international aufgestellten Wirtschaftskanzleien („law firms“) gewaltig.
„In kleineren Kanzleien, die den deutschen Rechtsdienstleistungsmarkt dominieren, starten Jungjuristen mit 40.000 Euro“, so ist beim Beck-Stellenmarkt zu lesen. Auf gehaltsvergleich.com heißt es etwas differenzierter: „Nach Beendigung des Studiums winkt Rechtsanwälten durchschnittlich ein Anfangsgehalt von 3.609 € im Monat. Dabei steigen Männer und Frauen jeweils mit sehr unterschiedlichen Gehältern ein: Ein Rechtsanwalt verdient zu Beginn durchschnittlich 3.906 €, während eine Rechtsanwältin auf lediglich 3.221 € kommt.“ Diese Zahlen sind Durchschnittswerte, d.h. es gibt eine Bandbreite mit deutlich besseren, aber auch mit deutlich schlechter bezahlten Jobs.
Traurige Berühmtheit erlangte ein Rechtsanwalt im OLG Bezirk Hamm, dessen Fall schließlich vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG, 17.12.2014, 5 AZR 663/13, NZA 2015, 608) landete. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden war ein monatliches Bruttogehalt von 1.200 € arbeitsvertraglich vereinbart, außerdem trug die Arbeitgeberin noch die Kosten für seine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Hochgerechnet wären das einschließlich Versicherung rund 2.500 € für eine 40-Studen-Woche gewesen. Da ist die Grenze, ab der das BAG von einem „auffälligen Missverhältnis“ im Sinne von § 138 Abs. 2 BGB ausgeht, nicht mehr weit weg. Zitat BAG (a.a.O.): „Das Missverhältnis ist auffällig, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel der in dem betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Vergütung erreicht.“ Der gesetzliche Mindestlohn bei einer 40-Stunden-Woche beträgt übrigens derzeit 1.593 €…
Zurück zu „normalen“ Verdienstmöglichkeiten für Berufseinsteiger im Anwaltsberuf: Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, mit zwei Freunden und ehemaligen Studienkollegen zu sprechen, die beide Rechtsanwälte in Hamburg sind. Der eine ist als Steuerrechtler in einer Großkanzlei tätig, der andere ist Partner in einer ausschließlich arbeitsrechtlich tätigen Kanzlei mit gut 20 Rechtsanwälten. Der Steuerrechtler nannte eine Spanne von 55.000 bis 75.000,- als Einstiegsgehalt, je nachdem, welche Qualifikationen (insb. steuerrechtliche Vorkenntnisse) ein Bewerber bzw. eine Bewerberin mitbringe. Unabdingbare Voraussetzung sei, dass die Bewerber fließend Englisch könnten, weil die Arbeit fast ausschließlich auf Englisch zu erledigen sei. Der Arbeitsrechtler nannte keine konkreten Zahlen, ließ aber durchblicken, dass die o.g. Größenordnung in seiner Kanzlei nur ausnahmsweise in Betracht komme, die normalen Einstiegsgehälter also eher niedriger lägen. Mit „Großkanzleigehältern“ könne und wolle man nicht mithalten, stattdessen setzte man darauf, dass die Mitarbeiter „normale“ Arbeitszeiten hätten und regelmäßig zwischen 18 und 19 Uhr Feierabend machen würden.
Zu den immer wieder genannten „Traumgehältern“, die in „law firms“ gezahlt werden, schreibt gehaltsvergleich.com: „Wer Dank seines herausragenden Examens zu den Top-Absolventen eines Jahrgangs gehört, hat die Chance, bei einer großen und namhaften Top-Kanzlei einzusteigen. Und wer dort genommen wird, darf zum Start mit Jahresgehältern jenseits der 100.000 € rechnen. Ganz oben in der Einkommensrangliste stehen seit Jahren die renommierten, weltweit agierenden angelsächsischen Kanzleien. So bekommt man laut des Fachportals Azur im 1. Jahr zum Beispiel bei Sullivan & Cromwell 140.500 €, bei Milbank Tweed Hadley & Mc Cloy 140.000 € und bei Willkie Farr & Gallagher 130.000 €. Auch wenn es einige weitere Kanzleien in dieser Gehaltsregion gibt – der Großteil aller Absolventen wird mit einem deutlich niedrigeren Einstiegsgehalt starten.“
Eine interessante Alternative zum klassischen Anwaltsberuf kann eine Anstellung in einem großen Wirtschaftsunternehmen sein. Von einem europäischen Flugzeuhersteller weiß ich aus zuverlässiger Quelle, dass die Einstiegsgehälter für Volljuristen (Arbeitsrechtler) bei rund 95.000 € liegen.
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