Das Mordmerkmal „Mordlust“ hat in der schwurgerichtlichen Praxis Seltenheitswert. Umso bemerkenswerter, dass es ausgerechnet vor einer Jugendkammer (!) des Landgerichts Berlin eine entscheidende Rolle spielte. Die Mordlust des „Jokers“ (BGH, 13.08.2019, 5 StR 257/19) zeigt: Eltern-Alpträume können Realität werden!
Zum Sachverhalt teil das Urteil mit: „Nach den Feststellungen des Landgerichts identifizierte sich der zur Tatzeit 15 Jahre und drei Monate alte Angeklagte zunehmend mit der Figur des gewalttätigen Psychopathen „Joker“, einer Comic-Figur aus den „Batman“-Geschichten, die aus purer Freude tötet. Spätestens am 1. März 2018 beschloss er, seine 14 Jahre alte Mitschülerin K. G. zu töten. Er fand den Gedanken an die Tötung eines Menschen schon seit einiger Zeit „spannend“ und fragte sich, wie es sich „anfühle“, einen Menschen zu töten. Außerdem wollte er herausfinden, ob er die eigenhändige Tötung eines Menschen ertragen könne. Sein Opfer suchte er aus, weil er wusste, dass K. in ihn verliebt war und deshalb keinen Argwohn hegte.
Am Nachmittag des Tattages nahm er einen zuvor gepackten Rucksack mit Wechselkleidung, einem Küchenmesser mit 11 cm langer Klinge, Handschuhen und Plastiküberziehern für Kopfhaare sowie Schuhe und ging zu K. . Die Tötung hatte er zuvor seiner besten Freundin gegenüber angekündigt und mit ihr eine „Alibi-Absprache“ getroffen. Die Freundin ging darauf ein, weil sie die Ankündigung nicht ernstnahm. In K. s Wohnung versetzte der Angeklagte seinem Opfer mindestens 23 Messerstiche und brachte ihr darunter drei tödliche Stichverletzungen bei. Anschließend umwickelte er mit einem Schal fest ihren Kopf. Unter Mitnahme von K. s Mobiltelefon verließ er die Wohnung. Kurz darauf schilderte er die Tat seiner besten Freundin gegenüber, am Folgetag auch einer weiteren engen Freundin. Das Tatmesser brachte er zurück in die Küche und stellte den Rucksack mit den übrigen Tatutensilien in sein Zimmer.“
Zur rechtlichen Einordnung heißt es in der Entscheidung: „Aus Mordlust handelt, wem es darauf ankommt, einen Menschen sterben zu sehen, wer aus Mutwillen, Angeberei, aus Freude an der Vernichtung eines Menschenlebens oder aus Zeitvertreib tötet, die Tötung als nervliche Stimulans oder „sportliches Vergnügen“ betrachtet. All dies trifft auf den Angeklagten zu. Er handelte nach den Feststellungen mit Tötungsabsicht allein aus dem Motiv, sein Opfer sterben zu sehen und sich durch diese mutwillige, anlasslose Tat zu stimulieren.“
Die Jugendkammer hat – von BGH bestätigt – eine Jugendstrafe von 9 Jahren verhängt. Eine lebenslange Freiheitsstrafe sieht das Jugendstrafrecht nicht vor, maximal 10 Jahre wären gemäß § 18 JGG theoretisch möglich gewesen. Es bleibt zu hoffen, dass die „erforderliche erzieherische Einwirkung“ auf den Verurteilten möglich ist…